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Die Tortur in der Langlauf-Loipe

3 Feb

Jyväskylä. Dass eine einzige Turnstunde, in der wir uns vor acht Jahren im Gymnasium auf Langlaufskiern über den Sportplatz bewegten, nicht die beste Voraussetzung für einen 22-km-Trip in Finnland ist, hätte ich mir fast denken können. Dennoch meldete ich mich für den Kurs (für Fortgeschrittene) an. Immerhin sollte ich die Technik ja schon allein vom langjährigen TV-Studium beherrschen. Dachte ich jedenfalls.

Ich dachte nämlich, dass man sich durch das Bein, das nach hinten geht, abstößt und sich auf diese Weise den Schwung holt. In Wahrheit schiebt man jedoch das andere Bein nach vorne und hebt das hintere Bein bloß an, um besser gleiten zu können. So wurden die ersten 3 km zur reinsten Qual. Bei jeder noch so kleinen Steigung rutschte mein Bein, beim Versuch mich abzustoßen, weg und ich musste die ganze Arbeit mit dem Oberkörper verrichten.

Wer nun denkt, ich wäre die Lachnummer gewesen, der irrt. Zwei chinesische Mädchen wurden vom Kursleiter bereits nach wenigen 100 Metern zurückgeschickt. Weitere folgten. Nach den besagten 3 km wollte er schließlich auch uns, also meinen belgischen Freund und mich, zurückschicken. Denn auch wir würden es – so meinte er – nicht vor Einbruch der Dunkelheit zurückschaffen. Zugegeben: Ich war kurz davor einzuwilligen, denn mein Oberkörper schmerzte bereits höllisch. Doch so langsam, wie es den Anschein hatte, waren wir dann auch wieder nicht – immerhin mussten wir einen italienischen Kollegen jeden Anstieg – ohne Übertreibung – hinaufschieben (Originalzitat nach dem geschätzten fünften Sturz auf ein und demselben Anstieg: „Ich bin intelligent, ich kann das schaffen!“)

Also erzählten wir dem Kursleiter – übrigens ein Ungar, der vor Jahren zum Studieren nach Finnland kam – die nicht unlustige Geschichte und überredeten ihn auf diese Weise es weiter versuchen zu dürfen. Und siehe da: Nach ein paar Anweisungen hinsichtlich der Technik nahmen wir bald Fahrt auf und erreichten die für die Mittagspause geplante Hütte mit „nur“ einstündiger Verspätung. Auf den letzten 2 km startete ich sogar ein Solo (wofür ich ein „great“ vom Kursleiters bekam), wurde jedoch kurz vor der Hütte wieder eingeholt – da ein Kind mitten auf einer Abfahrt auf der Loipe saß, kam ich um einen Absprung in den Tiefschnee nicht herum.

Durch die Pause gestärkt und die Technik nun halbwegs parat, wurde der Rückweg – naja – nicht zum Kinderspiel, aber es lief nun. Nachdem wir für den Hinweg 3 Stunden gebraucht hatten, schafften wir es in nur 1,5 Stunden zurück. Der Stolz und die Freude, nicht abgebrochen zu haben, waren groß – aber freilich auch die Schmerzen. Vor allem die Rückenmuskulatur sollte ich noch vier Tage lang spüren. Vielleicht sollten wir das nächste Mal doch lieber Skispringen gehen.